Der Niedergang der deutschen Automobilindustrie ist in der Tat höchst besorgniserregend. Und es ist keineswegs so einfach, wie teilweise getan wird: Die Schuld tragen nicht allein entsprechende Vorstände und schon gar nicht eine verschlafene Transformation, stattdessen liegt der Kern des Problems eher darin, dass E-Autos im Ausland sehr viel einfacher und billiger zu produzieren sind: Deswegen wird VW sein neues E-Auto auch in Spanien produzieren und E-Autos für den chinesischen Markt selbstverständlich in China produziert werden.
Die längst international aufgestellten Konzerne werden die Krise problemlos meistern, während die deutschen Arbeitnehmer hingegen die Zeche bezahlen müssen. Was dieses Problem betrifft, so gibt es keine einfache Lösung und sie liegt mit Sicherheit nicht darin, dass wir in Deutschland E-Autos produzieren. Man muss allerdings die Frage stellen, ob es zum Verbrenner-Aus 2035 eine Alternative gibt: Denn bereits jetzt existieren ernstzunehmende Studien, wonach ein VW Golf 200 000 Kilometer laufen kann, bis er eine schlechtere CO2 Gesamtbilanz aufweist wie ein E-Golf (inklusive Herstellung und Entsorgung).
Man vergisst im Moment gerne, dass auch das E-Auto bei der Herstellung CO2 erzeugt und dass die Entsorgung der Altbatterien ein riesiges Umweltproblem darstellt. Es gibt bisher eine einzige Fabrik in Deutschland, die das Lithium aus Altbatterien wiederverwerten kann und das ist Stand heute ein sehr teurer, unrentabler Vorgang.
Was also sollte geschehen? Meiner Meinung nach braucht es dringend Fachleute, die besten zur Verfügung stehenden Wissenschaftler und Ingenieure, um einen schrittweisen, seriösen Umstieg zu planen. Und dabei müssen auch noch einmal vorurteilslos die Möglichkeiten neuartiger Katalysatoren und auch die von Wasserstoffmotoren und E-Fuels geprüft werden.
Realistischerweise wird es noch viele Jahrzehnte dauern, bis die überwiegende Mehrzahl der Länder in Asien, Afrika und Südamerika auf eine Energieversorgung mit Strom umgestiegen sind. Und die übergroße Mehrzahl wird dabei auf Atomkraftwerke setzen. Doch ist das wirklich besser als die modernen Gaskraftwerke mit entsprechenden Filteranlagen? Das gilt es noch einmal genau zu überprüfen, ehe man sich entscheidet. Und vielleicht sollte man sich Brückentechnologien wie Gas offenhalten, bis man mit der Entwicklung von Dualfluid Reaktoren und der Kernfusion weiter vorangeschritten ist.
Eines ist ganz klar: Allein mit Sonne und Wind lässt sich die Energieversorgung der Welt nicht sichern, nicht einmal nur von Deutschland. Und es ist wieder einmal ein typisch deutscher, pharisäerhafter Weg, sich den fehlenden Strom über Atomkraftwerke aus dem Ausland zu besorgen. Abgesehen davon, dass es sehr teuer ist, im Sommer für die Abnahme von überflüssigem Strom viel Geld zu bezahlen und im Winter teuren Strom dazu zu kaufen.
Und was bedeutet das nun für die Arbeitnehmer in der deutschen Automobilbranche? Nichts Gutes. Denn wenn es beim Verbrenner-Aus 2035 bleibt, so wird die Automobilproduktion in Deutschland radikal heruntergefahren, billige E-Autos im Ausland produziert werden und die Produktion von Luxus E-Autos wird die gerissene Lücke nicht mal im Ansatz füllen können. Und auch die Verbrenner für den amerikanischen und südamerikanischen Markt werden wahrscheinlich aus Kostengründen hauptsächlich dort produziert werden.
Damit stehen wir vor der schwersten Wirtschaftskrise seit 1929, denn in Deutschland hängen ca. 800 000 Arbeitskräfte von der Autoindustrie ab. Abmildern kann man das drohende Desaster nur durch einen intelligenten Stufenplan, der alle technischen Möglichkeiten vorurteilslos betrachtet. Wir erzeugen in Deutschland mittlerweile 60 Prozent des Strombedarfs mit erneuerbaren Energien. Gerne vergessen wird dabei, dass der Anteil von Strom am Gesamtenergieverbrauch bei sieben Prozent liegt. Mit einem undurchdachten einfachen Hauruckverfahren werden wir nach dem ersten „grünen Wirtschaftswunder“ schnell ein zweites erleben, das möglicherweise demokratiegefährdende Ausmaße annehmen wird.
Und das sollten wir uns unbedingt ersparen.
Comments